Das 3% Defizit Wunder

22.11.2011 11:46

Ihr ergebener Dr. W. ist nur ein einfacher Betriebswirt und Steuerberater. Mit der Volkswirtschaft hat er zugegebener Maßen wenig am Hut. Schon in seiner Studienzeit waren diese Fächer gelinde gesagt nicht gerade jene Vorlesungen, welche ihn vor Freude und Begeisterung sprühen ließen. Offenbar hat er diese Aversion sogar an seinen Sohn Stefan Alexander weiter vererbt, der ähnliche „Gefühle“ zur VWL zugibt. Wir sind halt mehr gestandene Betriebswirte.

Vielleicht ist das der Grund, warum Ihr Dr. W das „Wunder von Maastricht“ noch nie verstanden hat und noch immer nicht versteht. Das „Wunder von Maastricht“ besagt bekanntlich, dass minus 3% Budgetdefizit per anno für die Staaten der EU als Kriterium gilt, woran sie ihre jährlichen Neuverschuldungen maximal heranführen dürfen. Mit welchem Effekt? Mit dem Effekt, dass sich

  1. sowieso kein Schwein daran hält, weil es keine Sanktionen gibt,
  2. ein Staatsdefizit von -3% p.a. schon als absoluter Sieg und „gutes Wirtschaften“ der Allgemeinheit verkauft wird!

Ist das wirklich so super, jedes Jahr -3% Defizit zu produzieren? Ihrem ergebenen Betriebswirt Dr. W. wird flau im Magen. Wenn ein Unternehmen jedes Jahr „nur
– 3 % vom Umsatz Verlust“ macht, ist es vermutlich – je nach Eigenkapitalausstattung – spätestens in drei Jahren insolvent.

Aber es muss irgendetwas am „Wunder von Maastricht“ geben, was ihr einfältiger Dr. W. nicht versteht. Offenbar gilt diese Milchmädchenrechnung nicht für Volkswirtschaften. Aber so richtig erklären konnte einem „das Wunder von Maastricht“ noch niemand. Vielleicht hat Dr. W. zwar viele, aber immer nur die falschen Leute gefragt.

Andererseits gibt es aber jetzt, offenbar „völlig unerwartet“ eine europaweite Staatsschuldenkrise! Was ist los mit dem „Wunder von Maastricht“? Wirkt es nicht mehr? Wieso schlägt jetzt plötzlich die Keule der BWL – Michmädchenrechnung zu, wonach sich eben jährliche Verluste und Defizite kumulieren und langfristig zu einer Verschuldung führen müssen?

Heiliges „Wunder von Maastricht“ was ist los mit Dir? Ich habe Dich zwar nie verstanden, aber Dich gibt es. Wirke doch endlich! Beende diese lächerliche Griechenland-Lappalie! Mach doch radikal Schluss mit dem „PIGS-Problem“! Lass doch endlich die Kurse der italienischen Staatsanleihen wieder kräftig steigen, über das Nominale! Du musst doch irgendwie in Italien zu Hause sein, alle Wunder sitzen doch im Vatikan! Gelobt sei Jesus Christus.

Amen

Es verbleibt, in tiefem Gebet versunken und auf den Schweizer Franken schielend,

 

Ihr ergebener Dr. W.