Wirtschaftsankurbelung durch Förderung der KMU Unternehmerbank

09.12.2004 08:00

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Wirtschaftskammer Wien

zH Herrn Präsidenten Dr. Josef LEITL
Stubenring 8-10
1010 Wien

Wien, am 09. Dezember 2004

 

Wirtschaftsankurbelung durch Förderung der KMU Unternehmerbank

Sehr geehrter Herr Präsident Dr. Leitl!

Wir dürfen uns vorweg als Wiener Steuerberatungskanzlei mit Gründungsdatum 1956 und einer Anzahl von KMU in unserem Klientel vorstellen. Bekanntlich leiden die österreichischen KMU’s historisch an einer Unterfinanzierung. Mangelndes Eigenkapital konnte in Zeiten des Wiederaufbaues und des darauf folgenden Wirtschaftsaufschwunges aber durchaus erfolgreich durch Fremdkapital substituiert werden.

Seit einiger Zeit, insbesondere seit der Diskussion um Basel II, sehen wir ein gefährliches Umdenken bei den Kommerzbanken:

Auf der einen Seite ist der Lohn- bzw. Gehaltsempfänger als Kreditnehmer gefragt, auf der anderen Seite Investmentbanking und Veranlagung. Die klassische Finanzierung der KMU’s durch die Kommerzbanken findet praktisch nicht mehr statt. Banker erklären in aller Offenheit, dass sie an den KMU’s aus Risikoüberlegungen und aufgrund der Eigenkapitalunterlegung der Banken selbst laut Basel II kein Interesse daran haben. Daraus folgt zusätzlich, dass auch bestehende Engagements spürbar zurückgefahren oder abgebaut werden.

Die Finanzierung von Investitionen durch Banken ist so gut wie undenkbar, da die Banken ca. 100 % bis 120 %-ige Sicherheiten verlangen, je nach Liquidität dieser. Selbst die bloße Vorfinanzierung einzelner größerer Aufträge, sei es im Produktionsbereich als auch im Handel (öffentliche Kunden haben sehr lange Zahlungsziele) ist derzeit kaum mehr möglich. Wenn es zB heute für ein KMU in Österreich unmöglich ist, die Lieferung eines medizinischen Lasergerätes an ein öffentliches Krankenhaus mit 5-monatigem Zahlungsziel vorfinanziert zu bekommen, muss man zu denken beginnen.

Ergebnis dieses Kapitalentzuges ist, dass die KMU’s überhaupt nicht mehr gegen die global players bestehen können, da ihnen nicht einmal ihr Lokalvorteil und ein fixer Auftrag mehr etwas nutzt.

Die Folge ist ganz einfach, dass die meisten Unternehmer resignieren.

Zur Lösung der Misere stellen wir die Gründung einer ausschließlichen „Unternehmerbank“ zur Diskussion. Eine derartige Spezialbank, von der Wirtschaftskammer initiiert, nach dem Grundmuster der Investkredit AG bzw. der Kommunalkredit aufgebaut, benötigt kein breites Filialnetz, da sie ausschließlich die Aufgabe haben soll, Unternehmen zu finanzieren. Das erhöhte Risiko im Unternehmensbereich ist in die Zinsen einzurechnen bzw. sind Kreditausfallsversicherungen im Einzelfall eben durchzuführen. Jeder Unternehmer finanziert lieber etwas teurer als gar nicht. In Zeiten des Wirtschaftsaufschwunges haben wir gelernt, auch mit 13 –15 % Zinsen durchaus erfolgreich kalkulieren zu können. Der Kostenfaktor „Zinsen“ ist für die meisten Unternehmen zwar schmerzlich, aber immer noch besser als kein Wachstum und kein Auftrag und kein Investment.

Wir sind überzeugt, wenn frisches Geld in die Wirtschaft fließt, dass die KMU entscheidend und spürbar wachsen werden, weil ganz einfach Ideen und Projekte wieder umgesetzt werden können. Die KMU’s sind derzeit durch die Liquiditätsenge geknebelt und müssen hilflos zuschauen, wie ihnen die global players Auftrag für Auftrag und Marktanteil für Marktanteil wegschnappen.

Natürlich soll nicht die Wirtschaftskammer Bankbesitzer werden, da es hier einen gewissen Interessenskonflikt gibt. Diese „Unternehmerbank“ soll vielmehr an die Börse  und einen free flow von 100 % anstreben. Jeder Unternehmer kann sich somit selbst Aktien seiner eigenen Bank kaufen. Dieses Zusammenspiel wäre durchaus heilsam für beide Seiten. Die Wirtschaftskammer kann aber aufgrund ihres Potentials die Gründung dieser Bank forcieren, ein professionelles Management bestellen und den späteren Börsengang unterstützen. Wenn in allen Aussenstellen der Wirtschaftskammer die Kreditantragsformulare und die Prospekte dieser Bank aufliegen, wird vielleicht auch ein gewisses Umdenken der Kommerzbanken über ihre gewerblichen Kunden einsetzen.

Lassen wir unsere KMU’s nicht offenen Auges ins Verderben rennen, tun wir etwas gegen diese systematische Ausrottung der KMU’s!

Mit freundlichen Grüßen

        Mag. Dr. Walter St. WEINHANDL
               & KR Engelbert KATT
Wirtschaftstreuhand- und Buchführungs KG